Kinderrechte in Deutschland
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METHODENDATENBANK - KINDERRECHTE.DE

Bauplanungscheck (Langform)

Kurzbeschreibung:

Kinder und insbesondere Jugendliche bringen ihre Ideen beim Entwickeln von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen ein.

Methodentyp:
Spezifische Partizipationsmethode
Altersgruppe:
6 - 99
Gruppengröße:
5 - 20
Dauer:
ganztägig
Anzahl Personal:
4
Personal:
Moderator/in
Komoderator/in
Expertin/Experte
Benötogtes Material:
Moderationsequipment (Pinnwände, Moderationskoffer), vergrößerte Pläne des betreffenden Gebietes, ggf. Modellbaumaterial (Modellbau), Kartonscheiben
Meterialbedarf:
hoch
Sozialform:
in Kleingruppen
in der Gesamtgruppe
Durchführung:

Im Rahmen eines eintägigen Workshops (10.00 - 17.00 Uhr) am Wochenende oder in den Ferien wird - vergleichbar dem Verfahren einer Zukunftswerkstatt - nach folgendem didaktischen Szenario vorgegangen:

1. Begrüßung, Kennenlernen

2. Kritikphase

Auf Wandzeitungen oder auf Pinnwänden wird auf Zuruf gesammelt (Alternative: Alle schreiben selbst auf Moderationskarten): "Was ich in meinem jetzigen Wohngebiet nicht gut finde ...".

3. Utopie. und Visionsphase

"Wenn wir zu sagen hätten ...", "Wir sind Stadtplanerinnen und Architekten: Mein idealer Stadtteil".

Kurzüberblick zum Stand der Planung

4. Es wird ein kurzer Überblick zur Lage des zu bebauenden Gebietes, zu den Zielsetzungen und Rahmenbedingungen der Planung gegeben. Dabei werden aber keine Details vorgestellt, um die eigenen Ideen der Jugendlichen nicht einzuschränken.

5. Offene Sammlung auf Wandzeitungen oder auf Pinnwänden (ggf. in Kleingruppen)

"Der neue Stadtteil wäre perfekt, wenn es hier ... gäbe!" Die Stichworte werden geordnet und die zusammengehörigen Punkte mit einem dicken Stift umkreist. Diese "Cluster" werden bepunktet: "Was uns davon am wichtigsten ist ...!" Es wird dann ausgezählt und mit einem dicken Stift die Rangfolge vermerkt: "Das sind unsere Hits ...!".

Als mögliche Ergänzung kann eine Dia-Schau zu gelungenen kinder- und jugend- freundlichen Wohngebieten oder auch eine Dia- Schau zu den Ergebnissen der Streifzüge in dem zu überplanenden Gebiet und den Stadtteilerkundungen bzw. Stadtforschungsaktionen in anderen Wohngebieten gezeigt werden.

Weitere Ergänzung:

Bepunktung eines Kriterienkatalogs, der auf einer großen Wandzeitung oder einem Moderationsposter auf einer Pinnwand visualisert ist (siehe Beispiel): "Was wir in einem Wohngebiet sonst noch wichtig finden ...!".

6. Umsetzungsphase

Ein Riesenplan des betreffenden Gebietes (Leerpläne, evtl. mit Straßennetz und Ausgleichsflächen) wird auf Tischen ausgebreitet(bei parallel arbeitenden Kleingruppen benötigt jede Gruppe einen Stadtplan):

a) Vorbereitete maßstabsgerechte und beschriftete bunte Kartonscheiben für Häuserblöcke, Straßen, Fuß- und Radwege, Spielplätze, Infrastruktureinrichtungen usw. werden hin und her geschoben, bis - unter Berücksichtigung der Vorschläge aus der vorangegangenen Visionsphase - ein optimaler Entwurf der Gruppe entsteht. Wichtig ist, dass eine ausreichende Zahl freier Scheiben für die offene Gestaltung ohne Vorgaben vorhanden ist.

b) Eine zeitaufwendigere Variante ist der eigene Modellbau der Jugendlichen.

c) Falls vorher Kleingruppen parallel gearbeitet haben, müssen die Entwürfe vorgestellt werden. Wenn genug Zeit vorhanden ist, kann nun aus den verschiedenen Entwürfen der Gruppen ein gemeinsames Modell entwickelt werden. Dazu muss hinter jedem der Entwürfe eine Wandzeitung angebracht werden mit einer Übersichtsliste: "Das alles gibt es in unserem Modell!"

Dann werden aus diesen Listen durch Vergabe von Klebepunkten die Favoriten ausgewählt. Bei Zeitmangel kann dieser Arbeitsschritt aber auch auf ein zweites Treffen verlagert werden.

5. Informationsphase

Nun erfolgt - zunächst einmal ohne Bezug auf die Entwürfe der Jugendlichen - die Präsentation des bisherigen Standes des Flächennutzungsplans bzw. Bebauungsplans durch die zuständigen Planer und Planerinnen. Dies darf erst nach der vorangegangenen Phase geschehen und sollte, wenn möglich, in einem anderen Raum stattfinden, damit es nicht zu Phantasieeinschränkungen und "Zensur im eigenen Kopf" kommt.

Danach werden Fragen der Jugendlichen beantwortet.

Die Entwürfe werden anschließend durch die Jugendlichen nach einem, jederzeit veränder- oder erweiterbaren Kriterienkatalog zur Kinder- und Jugendfreundlichkeit von Bau- und Wohngebieten mit Klebepunkten bewertet: "Unserer Meinung nach wurde im Architektenplan umgesetzt ...". Alle Punkte der Gruppenmitglieder werden in jeder Kategorie zusammengezogen, und anschließend wird der Rang festgelegt (Hit-iste). Inhaltliche Anmerkungen zum Plan werden ggf. zusätzlich auf Moderationskärtchen zum Plan gesteckt (siehe Beispiel).

6. Präsentation

Öffentliche Präsentation der Entwürfe der Jugendlichen und ihrer Bewertung des offiziellen Planungsentwurfs für einen erweiterten Kreis von Interessierten (Presse, Politik usw.).

7. Wandzeitungssammlung

Auf Zuruf (oder Sammlung auf Moderationskärtchen): "Wer hat Lust, an dem Projekt weiter zu arbeiten?" (Liste) "Wie geht es weiter? Was ist von wem zu erledigen?".

8. Veranstaltungs-Feedback und Ausblick siehe z.B. "Meine Meinung".

Transfer: Einschätzung der Umsetzungschancen durch eine kurze Punktevergabe: "Wird voll umgesetzt ..., Teile werden eingebaut ..., landet in der Schublade ...!"

9. Protokoll

Abschrift der Wandzeitungsergebnisse und der wichtigsten Diskussionsbeiträge von beiden Präsentationen.

Hinweise zur Durchführung:

- Für welche Zielgruppe geeignet?

Kinder und Jugendliche, Eltern, zukünftige Bewohner und Bewohnerinnen, an Bebauungsgebiete angrenzende Nachbarinnen und Nachbarn, Erzieher und Erzieherinnen, Jugendgruppenleitungen.

- Für welche Situationen geeignet?

a) wenn die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in der Bauleitplanung Berücksichtigung finden sollen

b) wenn die Kinderfreundlichkeit von neuen Wohngebieten angestrebt wird

c) wenn familienfreundliches Bauen gewünscht ist

d) wenn nicht nur die Experten und Expertinnen entscheiden sollen

e) zur Bereitstellung von geeignetem Material für die verwaltungsinterne Kinderfreundlichkeitsprüfung

f) bei Projektwochen in Schulen, Ferienpaßaktionen und Angeboten im Rahmen der Jugendverbandsarbeit

- Vorteile: Kostspielige Fehler können vermieden werden. Die Beteiligung bei einem der wichtigsten kommunalpolitischen Themen wird ermöglicht.

- Nachteile: Die Belastung mit rechtlichen, politischen und technischen Details kann zur Demotivation führen.

- Es muss ein genauer Zeitplan entworfen und schließlich eingehalten werden. (Wann werden beispielsweise die Planer hinzugezogen? Wann werden die Präsentationen öffentlich zugänglich gemacht? usw.)

- Bei jüngeren Kindern muss auf allzuviel Schriftlichkeit verzichtet werden. Zudem sollten möglichst viele spielerische Elemente eingebaut werden.

- Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Bauleitplanung ist nicht ganz einfach, da in dem betreffenden Gebiet in der Regel noch keine Betroffenen wohnen und teilweise auch die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer noch nicht bekannt sind.

Wenn Familien (Eltern) als zukünftige Nutzergruppe dort zwar noch nicht wohnen, aber schon bekannt sind, bieten sich die folgenden Möglichkeiten an:

a) Betreute Projektgruppen aus mehren Familien entwickeln Wohnungsgrundrisse und Wohnumfeld-Gestaltungsvorschläge (Schröder 1995, 106 ff.; Schröder 1996 a; Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen 1993, 30 f. und 72 f., 41 und 92 ff., 46 f., 48 f., 50 f., insb. 56 und 84 ff.).

b) Kinder zukünftiger Nutzergruppen werden zusammengebracht und arbeiten gemeinsam zu Teilproblemen (z. B. zu kinderfreundlichen Wohnungsgrundrissen, dem unmittelbaren Wohnumfeld, zu Hauseingängen, Innenhöfen, Gärten, verkehrsberuhigten Spielstraßen).

c) Wenn die zukünftigen Nutzergruppen überhaupt noch nicht bekannt sind, bietet sich die Arbeit mit "Stellvertretungen" an.

- Kinder und Jugendliche in anderen, möglichst vergleichbaren Stadtteilen: Äußerungen zu Defiziten, zu Wünschen und Bedürfnissen;

- Projekte an Schulen in der Nähe des Planungsgebietes (im Kunst- und Werkunterricht, möglichst aber in Kooperation mehrerer Fächer). Der Vorteil ist hier - wie bei allen Partizipationsprojekten in Schulen -, dass feste Gruppen langfristig planen können;

- Jugendgruppen aus dem betreffenden Ort oder Stadtteil, eine Chance für die Jugendverbandsarbeit;

- Projektvorhaben in angrenzenden Jugendzentren;

- Projektangebote im Rahmen von Ferienpaßaktionen in den Sommerferien (z.B. Streifzüge im zukünftigen Gelände);

- Kinder, Jugendliche und Eltern aus der Nachbarschaft als spätere Nutzergruppen z. B. von Sport-und Spielanlagen.

Pädagogische Hinweise:

- Von Kindern und Jugendlichen können keine planungsfertigen Beiträge erwartet werden. Aber sie sind oft eher als Erwachsene - besonders Fachleute - in der Lage, Denkschablonen zu verlassen, können manchmal kreativer und innovativer sein, sind oft fähig zu Visionen und zu konkreten Gegenentwürfen zum Bestehenden.

- Es gibt eine grobe Einschätzung, was die unterschiedlichen Altersgruppen zu leisten in der Lage sind:

Kinder von 8-10 sind eher lustorientiert:Zeichnungen, spielerische Ideen und Handlungen, Bastelmodelle, subjektive Texte.

Kinder ab 10 Jahren sind schon besser fähig, zwischen eigenen und fremden Interessen zu differenzieren und Strukturen zu erkennen: Modelle, Zeichnungen, Übersichtsskizzen, konkrete Bauten, Objekte, Konstruktionen, auch technische und funktionsfähige Erfindungen.

Kinder ab 14 Jahren können Strukturen abstrahieren, in allgemeinen Kategorien denken und architektonische Pläne, Skizzen oder Karten lesen. Sie können Modelle, Zeichnungen, 1:1-Umsetzungen und Installationen anfertigen. Erhebungen, schriftliche Stellungnahmen, bildliche Montagen und theatralische Inszenierungen sind für sie kein Problem.

Varianten:

Variante 1: Einfache Form der Beteiligung im Rahmen der Bauleitplanung

Die Jugendlichen (ggf. die Grundschulkinder) erhalten eine Einführung in Planungen durch Fachleute. Dabei werden z.B. Pläne sorgfältig, aber auch jugendgerecht erläutert. Was Kinder und Jugendliche besonders interessiert (z. B. Freiflächen, Spielplätze, Streetball-Anlagen, Sportplätze, Fahrradwege, Schulen und Jugendzentren, Plätze und Treffpunkte) muß ohne "Fachchinesisch" erläutert werden. Farbige Pläne und plastische Modelle sind für diesen Teil besonders geeignet. Fotos oder Dias von vergleichbaren Planungsvorhaben können nützlich sein. Fragen der Mädchen und Jungen müssen präzise beantwortet werden. Die Moderation muss auf Verständlichkeit achten und kann als Anwalt oder Anwältin der Kinder und Jugendlichen selber Fragen stellen.

Variante 2: siehe "Bauplanung mit Kindergartenkindern"

Variante 1: siehe "Bauplanungscheck (Kurzform)"

Sonstiges:

- Neben der hier beschriebenen direkten Partizipation im Rahmen der Bauleitplanung kommt auch noch die Wahrnehmung der Kinder- und Jugendinteressen durch Eltern, Kinderbeauftragte, Fachleute aus Schule, Kindertagesstätte, Jugendhilfe und kommunalen Ämtern in Frage. Auch diese Gruppen können mit dem Bauleitplanungscheck arbeiten oder im Rahmen eines Runden Tisches mit allen relevanten zukünftigen Nutzergruppen zusammenarbeiten. Im Baugesetzbuch § 4 ist festgelegt, dass die Träger öffentlicher Belange anzuhören sind. In einigen Kommunen wird das Jugendamt als Fachamt für Kinder- und Jugendinteressen bei Bauleitplanungen regelmäßig hinzugezogen. Seine Stellungnahmen werden gleichberechtigt mit denen der anderen Träger öffentlicher Belange berücksichtigt (Stadt Schönebek 1993).

Beispiel:

kein Beispiel vorhanden